Oben sehen wir eine weitere Anzeige: Ein Querbalken mit den Farben rot und blau symbolisiert, welches Team gerade die Oberhand hat, also ein »Momentum«. Die feindlichen Piraten scheinen im Deathmatch-Modus gerade das Rennen zu machen. Zeit also, uns in den Kampf zu stürzen. Und das ist wörtlich zu verstehen: Genau wie im Solo-Modus von Far Cry 3 sind auch im Mehrspieler-Part hier und da Stahlseile gespannt, an denen wir im mörderischen Tempo nach unten sausen -- und dabei mit der Pistole auf den ersten Feind feuern.
Wir landen auf den Füßen, zücken die Schrotflinte, drücken ab, ein weiterer »Kill«. Ist man mit Ego-Shootern auf vertraut, geht die Steuerung leicht von der Hand. Die Karte hat eine überschaubare Größe, dennoch können sich dort bis zu 18 Spieler tummeln. Das soll das Spieltempo ankurbeln. »High Pace« nennt das Jansen, und mit »hohem Tempo« liegt der Schwede richtig: Im Kampf gibt es nur selten eine Verschnaufpause. Immer wieder stoßen wir beim Vorrücken auf neue Gegner, viele davon erledigen wir aber gar nicht selbst - die Teamkollegen sind schneller.
Zwischen den Wellblechhütten stellen wir dann einen weiteren Piraten: Er hat sich auf einem heruntergekommenen Plumpsklo versteckt und springt auf uns zu. Die Schrotflinte schickt ihn aber mit einem lauten Knall aufs stille Örtchen zurück. Raketenbeschuss und Kampfschreie Während wir uns am tropischen Ufer entlang ballern, kassieren wir für jeden Treffer Belohnungen. Die gesammelten Erfahrungspunkte entscheiden nicht nur über unser Ranking, sondern sind auch eine Art Währung, um an neue Waffen zu kommen.
Die Zahl der »XP« lässt sich mit guten Leistungen steigern. »Kill Streaks«, also Eliminierungen in Serie, katapultieren den Kontostand in die Höhe. Aber auch Hilfe wird belohnt: Wer einen Gegner schwächt, aber nicht den entscheidenden Schuss abfeuert, sackt einen »Kill-Assist« ein. Wesentlich interessanter sind aber die »Team Support Points«. Der Name ist dabei Programm: Wir erhalten die Punkte für Aktionen, die unserem Team helfen, zum Beispiel das Heilen niedergeschossener Kameraden. Dadurch füllt sich ein orangefarbener Balken am unteren Bildrand. Als er am Anschlag ist, fordern wir einen Luftangriff an - und schon verschwinden drei heranspurtende Gegner in einer großen Explosion.
Nachdem sich die schicken Raucheffekte gelegt haben, geht der Kampf in die nächste Runde. Vom effektreichen Luftschlag angestachelt werden wir übermütig, hechten unbedacht um eine Ecke. Gewehrfeuer prasselt auf uns ein, die Spielfigur sinkt getroffen zu Boden.
Das Geschehen läuft plötzlich in Zeitlupe ab - so erscheint es zumindest auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir allerdings, dass sich die anderen Spieler weiter in Echtzeit bewegen. Gleichzeitig lassen sich durch schemenhafte Darstellungen die letzten Sekunden vor unserem Niederschuss rekonstruieren: Wir sehen die eigene Position, die des Schützen und die Flugbahn des Projektils. Jansen erklärt, wozu diese »Killcam« dient: »Damit bekommt ihr eine Antwort auf die wichtigste Frage: Wo zur Hölle kam das denn gerade her?« Das Schauspiel aus Echtzeit-Kampf und Zeitlupen-Schemen löst sich schließlich auf - ein Mitstreiter hat uns rechtzeitig geheilt. Wieder auf den Beinen, lernen wir ein weiteres Spielelement kennen: Unser Retter stößt einen Kampfschrei aus. Diese Schallwelle ist mehr als akustische Spielerei und verstärkt die Fähigkeiten der Mitstreiter, die in der direkten Umgebung sind.
Wir lassen auf Tastendruck ebenfalls die virtuellen Stimmbänder erzittern. Sich regelmäßig mit seinen Kameraden zu gruppieren ist im Mehrspieler-Modus also äußerst sinnvoll: Erst die Kräfte bündeln, dann mit einem Kampfschrei entfesseln. Erinnerungen an Skyrimwerden wach. Doch das frostige Klima des Rollenspiels passt nicht ganz zum tropischen Far Cry 3, also wischen wir den Gedanken beiseite. Die Sinne vernebelt Bei unserer Anspiel-Session haben wir schon einige originelle Ideen entdeckt, irgendetwas fehlt allerdings noch. Modi wie »Deathmatch« und »Domination« kommen uns aus anderen Shootern einfach zu bekannt vor -- mehr als diese zwei dürfen uns die Entwickler aber noch nicht nennen. a, es werde noch weitere Modi geben, die »einzigartig« seien, verspricht Jansen. »Es wird darin keine Konventionen oder klassische Militärwaffen geben. Die Spieler müssen damit kämpfen, was sie gerade finden. Alles ist erlaubt.« Kombiniert man diese Aussagen mit den Eindrücken aus dem Solo-Modus von Far Cry 3 und ein wenig Vorstellungskraft, sieht man einen intensiven und brutalen Überlebenskampf vor dem geistigen Auge.
Einen Vorgeschmack auf die unkonventionellen Erfahrungen gibt der Deathmatch-Modus dann aber doch: Neben klassischen Schießeisen kommen zum Beispiel Gifte oder eine Gaswaffe zum Einsatz, deren Wolke dem Gegner förmlich die Sinne vernebelt -- er kann nun nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden.
Etwas konventioneller, aber typisch Far Cry sind Molotow-Cocktails und Flammenwerfer. Man erinnere sich nur daran, wie effektreich in Far Cry 2die vertrockneten Pflanzen der afrikanischen Savanne in Flammen aufgingen. Ob das Zündeln jedoch zu einem ähnlichen Flächenbrand ausufern kann wie im Vorgänger, wollten die Entwickler noch nicht verraten. Auch bei der Frage, ob es Autos, Flugzeuge oder Boote geben wird, werfen uns die Schweden keine Informationshappen vor. »Darüber können wir nicht sprechen«, so die knappe Antwort. Aber wie sagt man so schön im Sportjournalismus: Ein Dementi klingt anders. Wir hoffen also auf Vehikel und gleichzeitig auf größere Multiplayer-Maps, die den nötigen Platz dafür bieten. Von Töpfen und Waffen Die Entwickler von Massive Entertainment gehen mit ihrem Konzept weit über die Grenzen der Multiplayer-Maps hinaus. Genauer gesagt könnten sie ab September (dem geplanten Release) dafür verantwortlich sein, dass tausende Spieler am Büro-PC oder dem Smartphone unter der Schulbank an ihren Waffen basteln. Dazu soll es nämlich eine Website geben, auf der die Far Cry 3-Zocker ein Mehrspieler-Profil anlegen können, dass mit der PC- und Konsolenfassung verbunden ist. Dabei geht es dann nicht nur um Ranglisten, sondern auch um die angesprochenen Waffen-Konfigurationen.
Wirklich fesseln wollen die Entwickler uns aber mit einer Funktion, die sie derzeit noch »Cooking« nennen. Vielleicht deshalb, weil es ungefähr so ist, als wenn man Hunger hat, Speisen aus dem Gefrierfach nimmt, sie in Töpfe wirft -- und es bei all dem Magenknurren natürlich viel zu lange dauert, bis alles fertig ist. »Es geht um einen mentalen Prozess. Eine Sache, die du immer im Kopf hast«, erklärt Jansen das Konzept.
In der Praxis soll das wie folgt aussehen: Der Spieler findet im Multiplayer-Match einen Bauplan für eine außergewöhnliche Waffe, die irgendwo auf der Karte versteckt ist, zum Beispiel in Form eines USB-Sticks. Um die Baupläne zu entschlüsseln, braucht es jedoch Zeit. Der Spieler startet also den Prozess und kann ihn zum Beispiel auf seinem Smartphone weiter verfolgen. Der Kitzel dabei ist, dass die Baupläne bis zur Decodierung keinen Hinweis darauf geben, welche Waffe sich dahinter verbirgt.
Hier kommt dann eine Social-Media-Komponente ins Spiel. Ihr hofft auf ein neues Sturmgewehr, habt aber nach langer Entschlüsselungssequenz eine Schrotflinte bekommen? Vielleicht geht es einem Mitspieler ja umgekehrt. Tauschen ist angesagt. Außerdem können euch Kumpels beim Entschlüsseln unterstützen. »Cross Device Gaming« nennen die schwedischen Entwickler das, weil ein Netzwerk aus Konsolen, PCs und mobilen Internet-Geräten entsteht. Mit diesem Konzept könnte Massive Entertainment einen Nerv treffen. Denn wer kennt nicht das Gefühl, dass einen das aktuelle Lieblingsspiel bei den »lästigen Pflichten« des Alltags stets im Hinterkopf begleitet ? Ob die Multiplayer-Schlachten selbst oder Netzwerkfunktionen wie das »Cooking« -- all das funktioniert nur mit einer lebhaften Community. Und um jene Spieler langfristig für Far Cry 3 zu begeistern, basteln die Entwickler an einem Level-Editor. Er sei in Sachen Umfang und Funktionalität ungefähr mit dem im Vorgänger Far Cry 2 zu vergleichen. Viel mehr darf der Schwede aber auch zu diesem Punkt nicht sagen. Fazit der Redaktion Kai Schmidt: »Salami-Taktik« könnte man dieses Prinzip wohl nennen, bei dem die Informationen nur scheibchenweise präsentiert werden. So bleibt am Ende unserer ersten Mehrspieler-Erkundung von Far Cry 3 ein zwiespältiger Eindruck: Es gibt spielerisch und technisch viele gute Ansätze. Ob sich der Multiplayer-Modus allerdings im derzeit ungewöhnlich kampfstarken Heer der Konsolen-Shooter in Sachen. Qualität und Originalität durchsetzen kann, ist noch schwer abzuschätzen. Bedenkt man jedoch den enormen Aufwand, den Publisher Ubisoft mit zwei verschiedenen Entwickler-Teams betreibt, dann ist die Hoffnung auf ein rundes Paket aus packender Solo-Kampagne und motivierenden Mehrspieler-Matches berechtigt |